MPU Fragen: was der Gutachter wissen will!

Bei einer MPU geht es um bestimmte Kernfragen, die der Gutachter im verkehrspsychologischen Gespräch geklärt haben möchte. Diese Fragen sollen aufdecken, ob sich beim Delinquenten eine Einstellungsänderung erkennen lässt, die so nachhaltig ausfällt, dass er höchstwahrscheinlich sein Verhalten im Straßenverkehr zum Positiven ändern wird. Schließlich haben Sie durch die Anlasstat, die zur MPU geführt hat, Zweifel an Ihrer Fahreignung aufkommen lassen. Immerhin sind die Delikte, die zur Anordnung einer MPU führen, recht schwerwiegend. Wer unter Alkohol oder Drogen fährt, durch Rasen oder Drängeln andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder permanent immer wieder Punkte erhält, weil er sich nicht an die Regeln im Straßenverkehr halten kann, kann in den Augen der Führerscheinbehörde und übrigens auch der Öffentlichkeit nicht als zuverlässiger Kraftfahrer gelten. Er muss nun das Gegenteil beweisen.

Vier Kernfragen stellt der MPU-Gutachter, deren Formulierung natürlich unterschiedlich ausfallen kann:

  • 1. Kennen Sie die tieferen Ursachen Ihre Anlasstat?
  • 2. Reicht Ihre Motivation für eine nachhaltige Verhaltensänderung?
  • 3. Hat schon eine Verhaltensänderung stattgefunden?
  • 4. Ist diese Verhaltensänderungen bereits ausreichend stabil?

1. Kennen Sie die tieferen Ursachen Ihre Anlasstat?

Es fällt praktisch jedem MPU-Teilnehmer schwer, über die Ursachen seiner Anlasstat – die meist kein “Ausrutscher” war – ausreichend zu reflektieren. Das lässt sich begründen: Praktisch jedes fehlangepasste Verhalten basiert auf den psychischen Grundlagen, die zu einer Sucht führen, auch die Verstöße, die zu Punkten führen. Die Süchte bezüglich Alkohol, Drogen und Medikamenten wurden schon hinreichend beschrieben. Doch auch Rasen und Drängeln hat eindeutig etwas mit Sucht zu tun, die letzten Endes nur durch einen Geschwindigkeitsrausch befriedigt werden kann, ebenso ein permanenter Verstoß gegen Verkehrsregeln (Überfahren roter Ampeln, permanentes Falschparken etc.).

Die letztgenannten Verkehrssünder sind süchtig danach, sich den Regeln der Gesellschaft zu entziehen, also der Kontrolle durch eine übergeordnete Instanz. Möglicherweise haben solche Leute schon als Schulkinder gern geschwänzt oder bei Prüfungen geschummelt, einfach so aus Prinzip. Es gibt Menschen, die warten als Fußgänger, bis die Ampel auf Rot schaltet – erst dann überqueren sie die Straße. Sie wollen Regeln brechen, sich nicht ihnen beugen. Wenn aber ein Suchtphänomen die Ursache für das Fehlverhalten ist, dann wehrt sich der Verstand sozusagen mit Händen und Füßen dagegen, das zuzugeben. Von einer Sucht loszulassen verursacht einen hohen Leidensdruck, der höchstens vom Leidensdruck, den Führerschein (die Ehefrau, den Job) verloren zu haben, übertroffen wird. Der Gutachter will wissen, ob Ihre Erkenntnis schon bis zu diesem Punkt vorgedrungen ist. Wissen Sie, dass Sie süchtig sind?

2. Reicht Ihre Motivation für eine nachhaltige Verhaltensänderung?

Es gibt einige Süchtige, die selbstehrlich sind und wenigstens für sich selbst die Sucht erkennen und vor allem anerkennen. Ich bin halt so und fertig. Das ist allerdings gerade bei den auf Fremdsubstanzen basierten Süchten (vor allem Alkohol und Drogen) eher selten, wenigstens vor dem Einsetzen einer freiwilligen Therapie.

Diese Substanzen verändern stark die kognitiven (erkenntnisbasierten) Denkprozesse, sie führen zu völlig falschen, einem Wahngebäude ähnelnden Schlüssen. Ein Alkoholiker kann stundenlang darüber referieren, dass er nicht süchtig ist. Bei den nicht-fremdbasierten Süchten wie Rasen und Drängeln, auch Kaufrausch, Spiel-, Sport- und Sexsucht sind die Betroffenen eher zur Einsicht fähig. Nun möchte der Gutachter wissen, ob diese Einsicht eine so nachhaltige Motivation bewirkt, dass Sie sich ändern können und werden. Das ist bekanntermaßen sehr schwer, nur 15 Prozent aller schweren Alkoholiker schaffen dauerhafte Abstinenz. Der Gutachter wird also in dieser Hinsicht sehr tief gehend nachforschen.

3. Hat schon eine Verhaltensänderung stattgefunden?

Bei Alkohol- und Drogendelikten lässt sich das anhand der Laborbefunde belegen, denn Abstinenz verändert signifikant die Körperchemie. Allerdings wissen auch die Gutachter, dass die MPU-Kandidaten durchaus imstande sind, über Wochen und Monate Abstinenz einzuhalten. Also müssen entsprechende Fragen gestellt werden.

Diese Fragen ähneln manchmal Fangfragen und zielen zudem je nach Gutachter in unterschiedliche Richtungen. Es gibt Gutachter, die Abstinenz begrüßen, andere Psychologen möchten gerade bei Alkoholsündern feststellen können, dass diese kontrolliert (anlassbezogen, zu Feierlichkeiten) trinken können, danach aber keinesfalls Auto fahren. In dieser Hinsicht sollten Sie sich eine sehr gute Legende zurechtlegen.

4. Ist diese Verhaltensänderungen bereits ausreichend stabil?

Das lässt sich anhand Ihres Verhaltens belegen. Sollten Sie beispielsweise wegen Alkohol oder Drogen zur MPU gebeten werden, reicht für eine positive Antwort der Nachweis der schon längeren Abstinenz. Schwierig wird es bei Punkten, denn da Sie in den letzten Monaten nicht mehr Auto gefahren sind, können Sie schwer nachweisen, dass Sie sich bereits an die Verkehrsregeln halten. Daher müssen Sie in dieser Hinsicht den Gutachter tatsächlich im Gespräch überzeugen, Sie müssen Ihre Einsicht beteuern. Das gelingt am besten mit echter Einsicht.